Maria und Gerhard Reisch mit dem CTJ-Meilenstein im Jahr 2009. (Foto: det / D.C.I.)

Maria und Gerhard Reisch mit dem CTJ-Meilenstein im Jahr 2009. (Foto: det / D.C.I.)

Urgestein der Caravaning-Branche – Gerhard Reisch verstorben

Menschen, Personalie, Stellplatz

Kennst Du den? Klar, wer aus der Branche kennt Gerhard Reisch nicht, zumindest aber den neuesten Witz nimmt jeder mit, der beim rührigen Geschäftsmann aus Schwebheim bei Schweinfurt am Messestand vorbeischaut. Gestern Abend ist das Urgestein der Caravaning-Branche nach kurzer Krankheit verstorben.

Seit 60 Jahren gibt es das “Phänomen Reisch” in der Camping-Branche. Das Unternehmen des charismatischen Unterfranken Gerhard Reisch beliefert heute fast jeden Hersteller von Freizeitfahrzeugen mit Zubehör und Komponenten. 81 Jahre alt wurde der „Weihnachtsmann“ inzwischen und war immer noch auf allen großen Caravaning-Messen mit seinem Stand Freizeit Reisch präsent.

Er war ein echter Weihnachtsmann, denn Gerhard Reisch feiert am 25. Dezember seinen Ehrentag, zuletzt am 25. Dezember 2019 zum 81. Mal. Er war eigentlich branchenfremd, Bäcker und Konditor hat er gelernt, im Jahr 1962 aber wechselte er in die Camping-Branche und wird Verkaufsfahrer bei Camping Gaz in Hattersheim. Er belieferte  unter anderem Caravanhändler mit den bekannten blauen Kartuschen für Kocher und Lampen. Und entdeckte damit seine Liebe zur Camping-Branche und zum Gas. Noch im gleichen Jahr wurde er auf den erstmals stattfindenden Caravan Salon nach Essen entsandt und hat seitdem keinen „Salon“ mehr ausgelassen. Was ihm im Jahr 2017 den Titel “Persönlichkeit des Jahres” von den Caravan Salon-Machern einbrachte.

Pionier in Sachen Reisemobil-Stellplätze und Warmwasserheizung

Wie die Jungfrau zum Kind kam Gerhard Reisch mit der Firma Alde in Kontakt. In den siebziger Jahre arbeitete er als freier Handelsvetreter für Optimus, einem Mitbewerber von Camping Gaz. Optimus wurde 1972 vom schwedischen Heizungshersteller Alde gekauft. Reisch musste schwedisch lernen, er wurde mit übernommen, damit begann in Deutschland der Siegeszug von Alde-Warmwasserheizungen für Freizeitfahrzeuge. 1980 wird ein entscheidendes Jahr für den lebenslustigen Unterfranken. Schluß mit lustig, er heiratet, baut ein Haus und gründet die Firma Freizeit Reisch. Gleichzeitig wurde er Chef von Alde Deutschland und machte gasbetriebene Warmwasserheizungen in der Branche hoffähig. So erfolgreich, dass der Gasmonopolist Truma, dem die Alde-Heizungen von Anfang an ein Dorn im Auge waren, den schwedischen Wettbewerber im Jahr 1988 übernahm.

Der Schock darüber hielt nicht lange an, auch in Putzbrunn wußte man, wer gute Arbeit leistete, Gerhard Reisch wurde Prokurist von Alde Deutschland und übergab diesen Posten im Jahr 2005 an seinen Sohn Christian. Der umtriebige Mittelständler war aber auf vielen Gebieten aktiv. Besonders für die Stellplatz-Szene hat Gerhard Reisch mit Ver- und Entsorgungsstationen Pinonierarbeit geleistet. Als noch keiner so recht über Reisemobil-Stellplätze und die dafür notwendige Infrastruktur nachdachte, hat der aktiver Reisemobilist schon früh die Bedürfnisse auf den Stellplätzen erkannt.

Er übernahm den Vertrieb einer französischen Ver- und Entsorgungsstation und versuchte Kommunen, Unternehmer und Campingplatzbetreiber von der Idee des Reisemobil-Tourismus zu überzeugen. Mit richtigem Erfolg erst, als er eine eigene Station mit den Namen Holiday Clean auf den Markt brachte, der „Fäkal-Papst“ ist geboren. Über 700 Service-Stationen dieser Marke stehen heute in Deutschland und dem angrenzenden Ausland und entsorgen umweltgerecht die Hinterlassenschaften der Reisemobil-Touristen. 2010 konnte Gerhard Reisch sein 50. Firmenjubiläum feiern, mittlerweile ist sein Enkel ebenfalls in der Branche vertreten. Auch verdiente Ehrungen aus der Branche wurden ihm zuteil: Die Touristik- und Caravaning Journalisten vom CTJ haben Gerhard Reisch für seine Verdienste um die Branche den Meilenstein 2009 auf der Essener Frühjahrsmesse überreicht, der Lupo des DCHV wurde ihm bereits im Jahr 2006 für sein Lebenswerk verliehen.

Familie, das Theater und die BMW

Drei – uns bekannten – großen Leidenschaften frönte der Familienmensch Gerhard Reisch: Eben der Familie, seinem Amateurtheater und seiner BMW. So konnte man den Vorstand des Dramatischen Vereins Niederwerrn als Schauspieler auf der Bühne bewundern oder er brauste mit seinem BMW-Motorrad zu Kundenbesuchen durchs Land. 58 mal hatte Gerhard Reisch auf dem Caravan Salon ausgestellt, alle die ihn kennen sind sicher: Er hinterlässt eine große Lücke in der gesamten Branche.