Ambitioniertes Selbstbau-Projekt: Die eigene Wohnkabine auf einen Peugeot Boxer. (Foto: Klinke; Montage: tom/dkf)

Ambitioniertes Selbstbau-Projekt: Die eigene Wohnkabine auf einen Peugeot Boxer. (Foto: Klinke; Montage: tom/dkf)

Selbstbau-Projekt – Eigene Wohnkabine auf Peugeot Boxer – Teil 1

Fahrzeuge, Menschen, Tipp

Wie baut man eine Wohnkabine komplett nach eigenen Vorgaben selber? Und wie stellt man sie dann noch auf ein verlängertes Fahrzeug-Chassis?

Ein Ehepaar aus Mönchengladbach hat dieses Vorhaben geplant und umgesetzt. Was es dabei alles zu beachten gilt und welche Vorüberlegungen diese Aufgabe ganz erheblich erleichtern können, schildern die Selbstbauer der Gfk-Kabine auf einem Peugeot Boxer in dieser mehrteiligen Serie.

Die Familie Klinke aus Mönchengladbach ist in Selbstausbauerkreisen wohl bekannt. Im Jahr 2016 haben die Reisemobilfreunde vom Niederrhein bereits einen Citroen Kastenwagen komplett ausgebaut und die DCI-Leser konnten das gesamte Projekt hier bei uns miterleben.

Während der Corona-Zeit juckte es die Klinkes erneut in den Fingern und sie haben nun eine komplett selbst gebaute Wohnkabine auf einen Peugeot Boxer als Basisfahrzeug gesetzt. Damit ein solch hoch anspruchsvolles Vorhaben gelingen kann, benötigt es nicht handwerkliches Geschick, sondern auch ein erhebliches Maß an Erfahrung. Außerdem gehört sehr viel Enthusiasmus dazu!

Lesen Sie nun hier in Teil 1, wie es dazu kam und welche Vorüberlegungen und Planungen nötig waren, um das sehr ambitionierte Projekt in die Realität umzusetzen.

Zwei spannende Ausbau-Projekte: Der Jumper 2016 und der Boxer 2022. (Foto: Klinke)
Zwei spannende Ausbau-Projekte: Der Jumper 2016 und der Boxer 2022. (Foto: Klinke)

Vorüberlegungen, Planungen und dann die Umsetzung

Mit dem 2016er-Kastenwagen, einem Citroen Jumper L3H3, hat die Familie Reisen durch ganz Europa unternommen. So ging es von Albanien bis Norwegen und von Andalusien bis Estland kreuz und quer durch viele Regionen. Dabei sammelten die Besitzer zahlreiche Erfahrungen, wie man das Fahrzeug noch im Detail verändern und verbessern kann.
Durch die Beschränkungen in der Corona-Zeit kam dann bei den Camping-Fans vom Niederrhein der Wunsch auf eine Wohnkabine ganz nach den eigenen Vorstellungen und Wünschen zu bauen.

Erste Kontaktaufnahme mit GfK-Herstellern

Im Spätsommer 2020 wandte sich die Familie Klinke erstmals an angesehene Hersteller von GfK-Kabinen. Allerdings erfolgte rasch die Ernüchterung. Da die Lieferzeiten aufgrund der Corona-Pandemie mindestens ein Jahr, vielleicht sogar zwei Jahre betragen würden, war von dieser Seite wenig Unterstützung zu erwarten. Zudem signalisierten die angesprochenen Firmen: Bei der Planung oder bei technischen Zeichnungen gibt es keinen Support. Angesichts dieser Umstände reifte bei Wilhelm Klinke und seiner Frau schnell der Entschluss: Wir werden es erneut in Eigenregie tun! So wurde also das Projekt Boxer ins Leben gerufen!

Projekt-Beginn: Wilhelm Klinke mit dem Fahrgestell des Peugeot Boxer. (Foto: Klinke)
Projekt-Beginn: Wilhelm Klinke mit dem Fahrgestell des Peugeot Boxer. (Foto: Klinke)

Die Planung wurde weiter verfeinert, und es wurden Angebote für verschiedene Fahrgestelle eingeholt. Letztendlich entschied sich die Familie für ein Peugeot-Boxer-Fahrgestell mit einem herkömmlichen Rahmen, der die typische Spurweite eines Lieferwagens aufwies und über einen langen Radstand verfügte. Die gewählte Rahmenhöhe eines Pritschenwagens erwies sich als äußerst vorteilhaft, da sie die Möglichkeit bot, einen durchgängigen Boden bis in die Fahrerkabine zu gestalten. Ein weiterer bedeutender Vorteil bestand darin, dass dieses Fahrgestell auch auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt verfügbar war.

Die geplante Gesamtlänge von 7 Metern passte perfekt zur Fahrzeuggröße L3, wobei lediglich eine geringfügige Verlängerung des Rahmens nachträglich erforderlich war.

Technische Zeichnung: Vom Fahrgestell zur Wohnkabine. (Grafik: Klinke)
Technische Zeichnung: Vom Fahrgestell zur Wohnkabine. (Grafik: Klinke)

Wohnkabine und Innenraum

Die Familie Klinke legte besonderen Wert darauf, dass die Fahrzeugkabine ausreichend Platz für die Reisenden bietet. Aus diesem Grund trafen sie folgende Entscheidungen, um dieses Ziel zu erreichen:

Die Kabine wird ohne Heckgarage gestaltet!

Diese Designentscheidung bringt mehrere handfeste Vorteile für die Kabine mit sich:

  • Es ist keine Notwendigkeit, den Boden unter dem Bettbereich abzusenken oder Stufen zum Bett zu schaffen.
  • Bei einer Heckgarage müsste der Sanitärraum zwangsläufig nach vorne verlegt werden, was die freie Sichtachse und den Raum vor der Küche beeinträchtigen würde.
  • Durch den Einbau einer Dusche im Heck gibt es keine Behinderung durch Radkästen, und die Nutzung der vollen Innenbreite verspricht ein komfortables Badezimmer.
  • Das Fehlen einer Heckgarage ermöglicht eine niedrigere Bettposition auf einem ebenerdigen Boden, wodurch der Kleiderschrank in Augenhöhe angebracht werden kann und die Bauhöhe der Hängeschränke im Bettbereich nicht reduziert werden muss.
Gute Planung ist das halbe Leben beim Selbstbau. (Grafik: Klinke)
Gute Planung ist das halbe Leben beim Selbstbau. (Grafik: Klinke)

Die Sitzbank wird ohne Gurtbock eingebaut!

Ein weiteres Kriterium für die Kabine war, dass die Sitzbank ohne den sperrigen Gurtbock installiert werden sollte. Es fällt auf, dass mehr als 80% der Wohnmobilnutzer als Paare reisen, jedoch verfügen ihre Fahrzeuge normalerweise über vier Sicherheitsgurte. Christa und Wilhelm Klinke empfanden dies für ihre eigenen Reisebedürfnisse als unnötig. Daher gestalteten die Mönchengladbacher die Sitzbank mit einer bequem geneigten Rückenlehne, ohne den schweren Gurtbock. Der große Vorteil dieser Entscheidung besteht darin, dass dadurch etwa 50 kg zusätzliches Gewicht eingespart werden konnten. Zudem erspart man sich die Probleme bei der Nachweisführung der Krafteinleitung des Sitzbocks.

Das Fahrzeug erhält Einzelbetten!

Die DIY-Ausbauer haben zusätzlich die Wahl getroffen, Einzelbetten zu verwenden. Diese Anordnung bietet eine gerade Sichtachse im gesamten Fahrzeug und einen durchgängig stufenfreien Boden. Insbesondere bei längeren Urlaubsfahrten ergeben sich erhebliche Komfortvorteile. Um den fehlenden Stauraum der nicht vorhandenen Heckgarage auszugleichen, wurden zahlreiche Wand- und Hängeschränke im Fahrzeug integriert.

Die Wände entlang des Ganges sind so gestaltet, dass im Küchenbereich die maximale Breite des Gangs gewährleistet ist. Dadurch entsteht in Kombination mit dem Eingangsbereich ausreichend Bewegungsfreiheit. Sogar das Zubereiten von Mahlzeiten zu zweit ist möglich, selbst wenn die Schubladen ausgezogen sind. Der Boden verläuft stufenfrei und geht nahtlos in den leicht ansteigenden Boden des Führerhauses über.

Designkniffe machen es möglich: Gerade Sichtachse durch den gesamten Innenraum. (Foto: Klinke)
Designkniffe machen es möglich: Gerade Sichtachse durch den gesamten Innenraum. (Foto: Klinke)

Viele gut überlegte Einzelentscheidungen sind notwendig!

Ein Selbstbauer-Projekt erfordert eine Vielzahl von Vorüberlegungen. Viele Entscheidungen müssen getroffen werden:

Wo kommt das Licht hin? Wie baue ich die Sanitäranlagen ein? Nutze ich eine SOG-Anlage? Oder doch lieber Chemie? Wieviele Fenster kommen in die Kabine? Welche Dachfenster baue ich ein? Nutze ich eine Solar-Anlage zur Stromversorgung? Wenn ja, wieviele Module mit wieviel Leistung? Immer wieder muss eine Abwägung zwischen Nutzen, Aufwand und Kosten vorgenommen werden.

Natürlich fliessen in die Überlegungen immer wieder die über jahrelange Reisen gemachten Erfahrunen mit ein.

Wilhelm Klinke schreibt in seinen Unterlagen zum Boxer-Projekt:

Die Küche verfügt über vier Schubladen und eine relativ große Ablagefläche, die sich durch einen Auszug noch vergrößern lässt. In Testberichten werden große Spülbecken gelobt, das hier gewählte Becken ist eher klein und geht damit sparsam mit dem Warmwasser um. Der Abfallbehälter befindet sich nicht an der Tür, sondern in dem oberen Teil eines Auszuges an der Küchenstirnseite. Somit können Küchenabfälle auf schnellen Weg entsorgt werden, besser als in den Abfallbehälter an der womöglich geöffneten Außentür. In die untere Hälfte des Auszug-Faches passen genau vier Weinflaschen.

Alle Servicebereiche befinden sich hinten links: WC-Cassettenfach, Wassereinfüllung und Wasserablass sowie davor der Landstromanschluss. Beim Rangieren an der Entsorgungsstation hat man diesen Bereich gut im Blickfeld des Rückspiegels, das Finden der genauen Entleerungsposition unterstützt eine Bodenkamera. Rechts hinten ist die Heizung angeordnet.

Man sieht also wieder einmal: Erfahrung, Enthusiasmus und Einfallsreichtum prägen nachhaltig den tatsächlichen Erfolg des Projekts!

Der Ausbau der Kabine schreitet voran!

Die nachfolgenden Bilder zeigen eindrucksvoll: Der Kabinenausbau geht voran!

Fußbodenelemente vor dem Zusammenbau. (Foto: Klinke)
Fußbodenelemente vor dem Zusammenbau. (Foto: Klinke)
Das Grundgerüst der Kabine ensteht in vielen Arbeitsstunden. (Foto: Klinke)
Das Grundgerüst der Kabine ensteht in vielen Arbeitsstunden. (Foto: Klinke)
Handwerk und Handarbeit: Der Gepäckalkoven entsteht. (Foto: Klinke)
Handwerk und Handarbeit: Der Gepäckalkoven entsteht. (Foto: Klinke)

 

Vorher-Ansicht: Die Hängeschrankklapen werden mit Schraubzwingen in Form gebracht und verleimt. (Foto: Klinke)
Vorher-Ansicht: Die Hängeschrankklapen werden mit Schraubzwingen in Form gebracht und verleimt. (Foto: Klinke)
Nachher-Ansicht: Die Hängeschrankklappen sind im Fahrzeug eingebaut. (Foto: Klinke)
Nachher-Ansicht: Die Hängeschrankklappen sind im Fahrzeug eingebaut. (Foto: Klinke)
Kabine nach Maß: Klappe Außenstauraum rechts. (Foto: Klinke)
Kabine nach Maß: Klappe Außenstauraum rechts. (Foto: Klinke)

Nach der Kabine, ist vor dem Innenausbau!

Nachdem die GFK-Außenschale auf das Chassis des Peugeot Boxer montiert wurde, beginnt der gezielte Innenausbau des gesamten Fahrzeugs. Wie im zweiten Teil der Ausbau-Geschichte noch detaillierter erläutert wird, sind zahlreiche Arbeitsschritte erforderlich, um sicherzustellen, dass das Reisemobil alle Anforderungen zur vollen Zufriedenheit der Besitzer erfüllt. In diesem Stadium treten weitere Gewerke, wie die Elektrik und der Sanitärbereich, in den Vordergrund.

Wichtiges Zwischenziel erreicht: Ansicht der Gfk-Kabine vor Ausbaubeginn. (Foto: Klinke)
Wichtiges Zwischenziel erreicht: Ansicht der Gfk-Kabine vor Ausbaubeginn. (Foto: Klinke)

Das Projekt wächst und gedeiht. Neue Probleme und Herausforderungen sind zu lösen…

Bleiben Sie gespannt auf Teil 2.

Dranbleiben!


(c) Klinke
(c) Klinke

Wilhelm Klinke ist gelernter Tischler und Stellmacher.
Mit einem Studium im Bereich Maschinenbau und Kunststofftechnik und fast 40 Jahren Erfahrung in der Leichtflugzeugkonstruktion und -fertigung verfügte er über die idealen Qualifikationen, um gemeinsam mit seiner Frau Christa eine eigene Wohnkabine selbst zu bauen. Die Familie Klinke steht gerne für Anfragen rund um das Projekt zur Verfügung. Sie können E-Mails an folgende Adresse senden: boxer@online.de

Hinweis: Für das Selbstbau-Projekt Boxer wurden umfangreiche Planungs- und Fertigungsunterlagen erstellt, die gegen eine geringe Gebühr erhältlich sind.


Weitere Informationen

https://www.juboduselbstausbau.de/das-boxer-projekt

Ausführliche Projekt-Dokumentation auf YouTube:


Bitte beachten: Mit dem Start des Videos stimmen Sie der Übertragung und Weiterverarbeitung von Daten durch YouTube zu.

 

Basisfahrzeug Peugeot Boxer Fahrgestell 435 L3 BlueHDi140
Motor 4-Takt-Diesel/103 kW/140 PS/2179 cm³
Schadstoffklasse Euro 6d temp
Getriebe mechanisch, 6 Gang
Sitzplätze/Schlafplätze 2/2 (2 Gurtplätze ausschl. im Führerhaus)
Maße LxBxH 6970 x 2300 x 2850 mm
Zul. Gesamtmasse 3500 kg
Leermasse §21StVZO 2935 kg
Masse im fahrbereiten Zustand 3042 kg (alle Flüssigkeiten & Zusatzeinbauten)
Ausstattung 2 x Airbags, ESP, ABS, DSC/ASR, DAB, Rückfahr-
kamera, autom. Klima, Tempomat, Luftfederung hi.