Benelux und Schengen: Die drei EU-Gründerstaaten waren Motor eines grenzfreien Europas. (Foto: vistlouxembourg)

Benelux und Schengen: Die drei EU-Gründerstaaten waren Motor eines grenzfreien Europas. (Foto: vistlouxembourg)

Reise durch Benelux – Drei Länder – eine Idee

Freizeit, Reise, Tourismus

Lange bevor die Europäische Gemeinschaft in der jetzigen Konstellation Gestalt angenommen hatte, haben im Jahr 1960 drei kleine Länder in Westeuropa die Initiative ergriffen und einen Staatsvertrag unterzeichnet, der ihnen den freien Handel und Verkehr von Waren, Dienstleistung und Kapital ermöglichte.  

Diese über 50 Jahre alte Vereinbarung war nicht nur Anlasser und Motor der Europäischen Union mit zur Zeit 28 Mitgliedern, sondern hat die Länder Belgien, Niederlande und Luxembourg auch im Bereich des Tourismus zu einer überaus interessanten Destination im Westen Europas gemacht. Kaum eine andere, flächenmäßig durchaus überschaubare Region kann mit solch einer Attraktivität und Vielfalt an kulturellen, touristischen und gastronomischen Höhepunkten aufwarten, wie das magische Dreieck zwischen den Städten Maastricht, Brüssel und Luxembourg. Starten wir unsere Reise in Maastricht und lassen uns von dem Flair einer Stadt verzaubern, die wie keine andere mit Europa in Verbindung gebracht wird.

Wo Kaiser Augustus eine Brücke baute

Eine keltische Ansiedlung an einer Furt der Maas könnte rund 500 Jahre vor Christus die Grundlage für eine dauerhafte Besiedlung dieser Region gewesen sein. Die Überfälle und Plünderungen der wilden Germanenstämme zwangen die friedliebenden Bewohner, die römische Handelsniederlassung später zu einem wehrhaften Kastell auszubauen, dem der römische Kaiser Augustus zu seiner Herrschaftszeit im dritten Jahrhundert eine komfortable Brücke als Flussübergang spendierte.

Die zu den drei ältesten Städten der Niederlande zählende Gemeinde nahm im Laufe der Jahrhunderte einen bemerkenswerten Aufschwung, der im Jahre 1992 mit der Unterzeichnung des Vertrages von Maastricht im legendären Gouvernement seinen krönenden Abschluss fand. Heute ist die Universitätsstadt mit dem mediterranen Flair berühmt durch seine internationalen Studentenschaft, die vielfältigen Museen und kulturellen Sehenswürdigkeiten, die Schifffahrt auf der Maas, die unvergleichlichen Shoppingmöglichkeiten, die weltbekannte Keramikindustrie und der boomende, aber durchaus anspruchsvolle Tourismus, der die Hauptstadt der niederländischen Provinz Limburg nicht nur in der Feriensaison in eine liebenswerte, lebendige und junggebliebene Stadt links und rechts der Maas verwandelt.

Zu den zwei Dingen, die man bei einem Städtetrip nach Maastricht auf keinen Fall versäumen sollte, gehört auf jeden Fall der Besuch eines der wunderbaren Restaurants der Stadt, die mit lokalen Gerichten aufwarten, die eine perfekte Kombination aus mediterraner Leichtigkeit und rustikaler Bodenständigkeit darstellen. Wir haben uns im Harbour Club mit Blick aufs Wasser von den gastronomischen Qualitäten dieser tollen Stadt am Ufer der Maas überzeugen können. Und um touristisch nicht nur an der Oberfläche der weltbekannten Wiege der Europäischen Union zu kratzen, sollte man sich unbedingt einer professionellen Stadtführung anschließen.

Wir lernten die versteckten Ecken, die verwinkelten Gassen, die Kirchen, Statuen, Brücken, die noblen Geschäfte und die kleinen Bars mit einem sehr engagierten, top informierten und überaus humorvollen Guide kennen, der uns in zwei unterhaltsamen Stunden die alte, aber jung gebliebene Stadt in den Niederlanden zu Füßen legte. Eine gute Wahl war auch der vorgesehene Übernachtungsplatz für unsere Wohnmobilflotte. Perfekt ausgestattet und großzügig parzelliert für über 100 Mobile bietet sich der „Camperplaats Maastricht“ hervorragend für den Besuch der nur wenige Kilometer entfernten Gourmet- und Kulturcity links und rechts der Maas an, da nicht nur ein direkter Radweg, sondern auch eine Bushaltestelle „vor der Tür“ den kostengünstigen Wohnmobilstellplatz mit dem Zentrum verbindet.

Wenn Hubraum in die Jahre kommt

Ohne es zu merken, haben wir am nächsten Morgen nach einer kurzen Fahrstrecke Richtung Süden die Niederlande verlassen und sind nun auf dem direkten Weg über Verviers nach Spa in Belgien. Noch sind keine Motorengeräusche zu hören, noch liegen keine Dämpfe von Benzin, Asphalt und Gummi in der Luft, aber der in Motorsportkreisen berühmt-berüchtigte Namen Spa-Francorchamps dominiert alle Wegweiser und Hinweisschilder in dieser wunderschönen Landschaft der belgischen Ardennen. Klassische Oldtimer mit Rennnummer und aggressiver Lackierung, auf eigenem Fahrgestell oder auf Hängern kommen immer öfter ins Blickfeld, leichter Nieselregen setzt ein und lässt spannende Wettkämpfe auf der weltberühmten Ardennen-Rennstrecke erwarten.

Schon lange bevor wir den Campingplatz in Rufweite des legendären Streckenabschnitts L´Eau Rouge erreichen, scheint der graue Himmel über der Rennstrecke und über dem bis auf den letzten Platz besetzten Fahrerlager vom Dröhnen Hunderter Motoren zu vibrieren. In einfachen Garagen, unter bunten Pavillons, in professionellen Hallen und unter windschiefen Zelten wird an Fahrzeugen aller Arten, aller Baujahre, aller Herkunftsländer und aller Motorenstärken gehämmert, geschraubt, getunt und lackiert. Ganze Teams von Monteuren, Fahrwerksspezialisten, Reifensachverständigen, Ingenieuren und skeptischen Wetterfröschen, die mit leichtem Kopfschütteln den aluminiumgrauen Himmel mit den tiefhängenden Wolken über den belgischen Ardennen betrachten, diskutieren mit Fahrern in Rennanzügen, Helme in der Hand und in fast allen Altersstufen, die ihre Nervosität vor dem Start zum Qualifying des  Summer- Classic- Rennens im legendären Spa-Francorchamps kaum verbergen können.

Fast Hand in Hand mit top gepflegten und authentisch restaurierten Oldtimern von Maserati, Rolls Royce, Bugatti, Ferrari, Jaguar, Porsche, Mercedes, BMW und einem Dutzend weiterer, mit Hubraum protzender und  PS-starker Boliden aus längst vergangenen Rennjahren reihen sich Klein-und Mittelklassewagen aus den Zeiten des Wirtschaftswunders bis zum Fall der Mauer wie klassische Minis, Fiat 500, NSU Prinz, Borgward Isabella, Renault Alpine, Austin Healey Sprite, Triumph TR3, MGA, Opel Kadett, Saab 900, Ford Capri, VW Käfer und sogar mehrere Zweitakt-Rennpappen namens Trabbi in die nervös mit Gas- und Kupplungspedal spielenden Rennfahrer-Gruppen der ersten Startformation ein. Mit hohem finanziellem Aufwand und mit beneidenswertem Idealismus setzen sich Monteure, Sponsoren, Mechaniker und Fahrer mit der gesamten Familie für diesen außergewöhnlichen Oldtimer-Rennsport ein, der nicht nur zu gewissem Ruhm in der Branche führen kann, sondern auch das Überleben der wunderschönen Fahrzeuge aus der goldenen Zeit der Autoproduktion garantiert. Eine tolle Veranstaltung auf der „Ardennen Achterbahn“, auf der nicht nur der große Preis von Belgien, sondern auch Formel 1 Rennen ausgetragen werden.

Wo der Großherzog das Sagen hat

Vom großen Motorsport-Spektakel im Herzen Belgiens geht die Reise durch drei Länder weiter zum flächenmäßig zweitkleinsten Land der Europäischen Union. Klein, aber oho, könnte man sagen, denn wenn sich andere Länder der EU mit ihrer Gesamtfläche und der Einwohnerzahl auf den vorderen Podestplätzen breitmachen, dann liegt die wachsende Bedeutung des kleinen Großherzogtum Luxembourg innerhalb der Staatengemeinschaft auf ganz anderen Ebenen.

Auf perfekt ausgebauten Landstraßen und Autobahnen erreichen wir über die sehenswerten Städte Clervaux, Esch-sur-Sure, Bourscheid und Diekirch mit ihren weltbekannten Sehenswürdigkeiten wie das Schloss, die Fotoausstellung The Family of Man, das umfangreiche und sehr informative Museum der Ardennenoffensive, das Brauereimuseum und nach einer Panoramafahrt durch das Tal der Sauer am späten Nachmittag die kleine Gemeinde Nommern, die vielen Camping- und Wohnmobiltouristen in Luxembourg durch die weitläufige und seit über 40 Jahren in professionellen Händen befindliche Europa-Campinganlage Nommerlayen bestens bekannt ist.

Ausgestattet mit einem riesigen und beheizbaren Innen- und Außenpool, großzügig parzellierten Stellflächen, einer außergewöhnlichen Gastronomie und einer fantastischen Lage im Grünen ist diese Destination der ideale Startpunkt für unsere Eroberung von Luxembourg Stadt.  Durch grüne Täler, entlang kleiner Flüsse und vorbei an schmucken Dörfern und einsamen Bauerngehöften erreichen wir die Außenbezirke der Stadt Luxembourg, parken unsere mobilen Behausungen auf einem weitläufigen Parkplatz und warten auf den Mann, der die Stadt, seine Kultur, Geschichte, politische Bedeutung und natürlich auch die gastronomischen Höhepunkte der Hauptstadt eines der kleinsten Flächenstaaten der Welt mit insgesamt 2.586 Quadratkilometer wie seine eigene Hosentasche kennt.

Und dennoch spielt Luxembourg politisch in der Champions League in Europa. Mit dem Sitz des Europäischen Gerichtshofs, des Europäischen Rechnungshofs, des Sekretariats des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und vielen weiteren wichtigen Institutionen braucht sich die Hauptstadt des Großherzogtums wahrlich nicht hinter Brüssel zu verstecken.

Von Bankpalästen und Gefängnismauern

Aber Behörden, Banken und Beamte sind nicht alles in der Stadt, in der die Besiedlungsspuren von Kelten, Römern, Burgundern, Habsburger, Niederländer, Nassauer und nicht zuletzt der Franzosen noch an vielen Stellen in Stadt und Land zu erkennen sind. 1890 erreichte Luxembourg seine vollständige Unabhängigkeit und ist seit vielen Jahren das letzte und einzige Großherzogtum auf der Welt. Und nicht nur auf das war unser Stadtführer besonders stolz, nach dem er sich als Feinschmecker und absoluter Kenner der Luxembourger Gastronomie „geoutet“ hatte.

Auf der Liste seiner Empfehlungen rangierte ganz oben das Restaurant im Chateau Bourglinster, ein Tipp, den wir sofort bestätigen konnten.  Für den kleinen Snack in der Mittagspause legte er uns das Chocolate House Bonn in der Nähe des Großherzoglichen Palastes ans Herz, wo aber nicht nur „Süßes“ angeboten wird. Eiligen Schrittes, und begleitet von kurzen Schauern, folgten wir dem etwas in Zeitnot geratenen, aber dennoch durchgehend gut gelaunten „City-Guide“, dem trotz Dauernieseln zu jeder Sehenswürdigkeit eine kleine Anekdote einfiel, der mit perfektem Hintergrundwissen aufwarten konnte – kurz – der, touristisch, Wasser zu Wein machen konnte.

Zwei Stunden folgten wir ihm durch verwinkelte Gassen der Altstadt, über prächtige Plätze, vorbei am Palais des Großherzogs, an Parlament, Ministerien, Kirchen, Statuen, Monumenten, mittelalterlichen Hausfassaden, über Brücken, durch Einkaufsstraßen mit noblen Boutiquen und Sterne-Restaurants, hinauf zu atemberaubenden Aussichtspunkten mit Blick auf moderne und ausgefallene Architektur und hinunter auf ein ehemaliges Gefängnis, durch prächtig angelegte Parks bis zu den pompösen Bankpalästen und weitläufigen Behördenkomplexen der Euro-Bürokratie.

Viel zu viel für zwei Stunden, viel zu wenig, um die quicklebendige Stadt an der Alzette in ihrer ganzer Größe zu verstehen, die friedliche Atmosphäre und die kulturelle Ausstrahlung aufzunehmen und das hauptstädtische Flair und die professionelle Geschäftigkeit dieser Europastadt als völlig normal zu betrachten. Aber durchaus genug, um den Entschluss zu fassen, nicht nur das kleine Großherzogtum, sondern auch die Destinationen in den Niederlanden und in Belgien auf jeden Fall wieder zu besuchen. Versprochen!