In einem spektakulären Crash-Test hat die UDV einen Auffahrunfall zwischen PKW und Wohnmobil simuliert. (Foto: UDV)

In einem spektakulären Crash-Test hat die UDV einen Auffahrunfall zwischen PKW und Wohnmobil simuliert. (Foto: UDV)

Womo-Unfälle – Überladung und falsches Bremsen

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Die Unfallforschung der Versicherer hat in einem zweijährigen Projekt Wohnmobil-Unfälle mit Personenschaden näher untersucht. Die Ergebnisse der Studie liegen jetzt vor.

Wohnmobile erfreuen sich in Deutschland seit einigen Jahren wachsender Beliebtheit; so nimmt nicht nur der Bestand dieser Fahrzeuge kontinuierlich zu, sondern auch die Anzahl der Neuzulassungen erhöht sich von Jahr zu Jahr.

Zum Unfallgeschehen von Wohnmobilen liegen zwar grundlegende Informationen aus der Straßenverkehrsunfallstatistik vor, es fehlt jedoch ein detailliertes Wissen über die aktuelle Struktur von Unfällen mit Wohnmobilen sowie deren Nutzung. Unfälle mit Getöteten oder Schwerverletzten sind dabei glücklicherweise sehr selten.

Doch wenn sie passieren, sind die Folgen für die Unfallgegner oft gravierender als für die Reisemobilisten. Von den 2014 bei Wohnmobilunfällen Getöteten waren vier im Reisemobil und 11 bei den Unfallbeteiligten zu verzeichnen. Bei den Schwerverletzten war das Verhältnis 44 zu 103.

Die Unfallforschung der Versicherer hat daher in einem zweijährigen Projekt Wohnmobil-Unfälle mit Personenschaden näher untersucht, Beladungszustände gemeinsam mit der Polizei kontrolliert, die Fahrer befragt und die Fahrdynamik näher untersucht.

Die Untersuchung zeigte, dass ein Wohnmobilunfall ein sehr seltenes Ereignis ist, bei dem die Insassen des Wohnmobils meist leichter verletzt werden als die Unfallgegner. Im Wohnmobil selbst sind die Insassen, die im Wohnbereich mitfahren tendenziell höheren Verletzungsrisiken ausgesetzt als der Fahrer oder Beifahrer auf den Vordersitzen.

Allerdings sind die Fallzahlen äußerst gering. Der häufigste Unfalltyp bei Wohnmobilunfällen ist der „Unfall im Längsverkehr“, also beispielsweise ein Auffahrunfall auf einen anderen Pkw.

Die Beladungsmessungen brachten die Erkenntnis, dass Wohnmobile in etwa jedem zweiten Fall überladen sind, in mehr als zehn Prozent der untersuchten Fälle hätte eine Weiterfahrt sogar untersagt werden müssen, da das zulässige Gesamtgewicht um über zehn Prozent überschritten war.

Ein weiteres Problem hinsichtlich der Zuladung ist die korrekte Achslast. Häufig ist die Hinterachse zu schwer, obwohl das zulässige Gesamtgewicht noch nicht überschritten ist. Problematisch in diesem Zusammenhang ist primär die Tatsache, dass die Fahrer überhaupt nicht wissen, ob ihr Wohnmobil überladen ist oder nicht.

Bei den Beladungsmessungen zeigte sich auch, dass oft der Hausrat oder aber auch mitgeführte Hunde nicht oder nicht ausreichend gesichert werden, wodurch im Falle kräftiger Bremsungen oder bei einem Unfall zusätzliche Verletzungsgefahren für die Wohnmobilinsassen bestehen.

Die von der UDV durchgeführten Fahrversuche ergaben, dass das Fahrverhalten von Wohnmobilen auch im Grenzbereich eher unkritisch ist, allerdings unter der Maßgabe, dass die mitgeführten Reiseutensilien und sonstigen Gegenstände korrekt im Fahrzeug verteilt und richtig gesichert sind.
Die vorgenommenen Bremstests ergaben, dass die Bremsleistung des untersuchten Wohnmobils zwar im gesetzlichen Rahmen liegt, jedoch deutlich geringer als bei modernen Pkw ist.

Doch möglicherweise haben die Wohnmobilfahrer auch Angst, dass ihnen beim Bremsen das Inventar um die Ohren fliegt. Eine Angst, die nicht ganz unberechtigt ist. Wie ein Crashtest der UDV mit 70 km/h zeigt, fliegen ungesicherte Teile, aber auch ein Hund, wie Geschosse durch den Innenraum. Die Folge: im Reisemobil Sitzende können schwer verletzt werden.

Bei den Fahrdynamikversuchen verhielt sich das getestete Wohnmobil – auch an der Beladungsgrenze – relativ gutmütig. Schwieriger ist es allerdings für den Nutzer zu erkennen, ob das zulässige Gesamtgewicht seines Gefährts überschritten ist und ob eine Achse überladen wurde. Bei Verkehrskontrollen war rund die Hälfte aller Campingfahrzeuge zu schwer.

Jedes neunte Mobil sogar so viel, dass es nicht weiterfahren durfte. Viele Reisemobilisten sind sich über diesen Umstand nicht im Klaren. Sie fahren mit vollem Wassertank in den Urlaub und verschenken somit eine einfache Möglichkeit zur Gewichtsreduktion. Unfälle mit Getöteten passieren überwiegend auf der Landstraße und am häufigsten bei Auffahrunfällen.

„Viele davon müssten nicht sein“, so Siegfried Brockmann, Leiter der UDV, „wenn Wohnmobile mit Bremsen nahe am Pkw-Niveau ausgerüstet wären und Fahrzeuge nicht auch noch oft überladen wären. Bremswege von 60 Metern seien einfach nicht mehr zeitgemäß. Kommt dann noch Ablenkung oder zögerliches Bremsen dazu,ist ein Auffahrunfall beinahe vorprogrammiert.“

Um Wohnmobile sicherer zu machen, sollten ESP und Notbremsassistenten für alle Fahrzeuge dieser Fahrzeuggattung obligatorisch sein. Die Gurtsysteme auf allen Sitzplätzen im Wohnmobil sollten Pkw-Niveau haben, vor allem die Sitzplätze im Wohnbereich gilt es sicherer zu gestalten.

„Doch auch der Fahrer kann etwas für mehr Sicherheit tun“, so Siegfried Brockmann, „er kann, um Überladung zu vermeiden, sein Fahrzeug mit Reisegepäck bei Prüforganisationen ruhig einmal wiegen lassen, außerdem sollte er den Zustand seiner Reifen im Blick haben und das Reisegepäck sicher verstauen, so dass nichts herumfliegen kann.“

Infos: Zur Webseite Unfallforscher der Versicherer

INFO UNFALLFORSCHUNG DER VERSICHERER
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit Sitz in Berlin hat sich zur Aufgabe gemacht, die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen zu verbessern und zu helfen, Unfälle zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen.