Im Fiat-Abgasskandal prüft jetzt das Kraftfahrt-Bundesamt KBA Rückrufe für die manipulierten Motoren. (Foto: RA Stoll & Sauer)

Im Fiat-Abgasskandal prüft jetzt das Kraftfahrt-Bundesamt KBA Rückrufe für die manipulierten Motoren. (Foto: RA Stoll & Sauer)

Kraftfahrt-Bundesamt KBA prüft Rückrufe im Fiat-Abgasskandal

Fiat, Politik, Recht & Gesetz, Wohnmobil

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) prüft im Diesel-Abgasskandal von Fiat Chrysler Automobiles (FCA, jetzt Stellantis) nach eigenen Angaben, wie die Manipulationen an den Motoren entfernt werden können. Gerade die Halter von kostspieligen Reise- und Wohnmobilen sind durch den Skandal massiv geschädigt worden.

  • Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft im Abgasskandals bei Fiat-Chrysler erste rechtliche Schritte
  • EU-Verordnung 20218/858 lässt Spielraum für Rückrufe
  • Deutsche Umwelthilfe DUH hat das KBA informiert

Zudem gibt die EU-Verordnung 2018/858 der deutschen Zulassungsbehörde sogar Spielraum für einen Rückruf. Dabei ist es unerheblich, dass die Typgenehmigung der Motoren in Italien erteilt wurde.

Im Diesel-Abgasskandal der Reise- und Wohnmobilbranche will das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) aktiv werden. Gegenüber der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat die Zulassungsbehörde erhöhte Stickoxid-Abgaswerte bei Wohnmobilen durch eigene Untersuchungen bestätigt. Darüber hinaus prüft das KBA Schritte, wie die „Unzulässigkeiten“ in den Motoren wieder zu entfernen sind. Der Autobauer Fiat Chrysler Automobiles (FCA, jetzt Stellantis) hat den Skandal in die Branche hineingetragen. Die meisten Hersteller der Mobile setzen beim Basisfahrzeug auf den Fiat Ducato mit Multijet-Motor. Die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat knapp 1.000 Klagen gegen Stellantis eingereicht, erste verbraucherfreundliche Urteile erstritten und rät betroffenen Verbrauchern zur anwaltlichen Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Diesel-Abgasskandal. Die Inhaber haben in der VW-Musterfeststellungsklage für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich ausverhandelt.

Die Deutsche Umwelthilfe DUH hat das KBA informiert

Die DUH hatte am 21. April 2021 die Öffentlichkeit und parallel das KBA über alarmierend hohe Stickoxid-Emissionen bei Wohnmobilen auf der Basis von Fiat-Chrysler und Volkswagen-Antrieben informiert. Überraschenderweise bestätigte der Präsident des Kraftfahrt-Bundesamtes gegenüber der DUH in einem Schreiben, ebenfalls „in eigenen Untersuchungen durch das Kraftfahrt-Bundesamt“ bei mehreren Wohnmobilen „hohe Stickoxidemissionen aufgrund von Unzulässigkeiten“ festgestellt zu haben. Gegenüber dem KBA fordert die DUH die Anordnung eines amtlichen Rückrufs und Entfernung der illegalen Abschalteinrichtungen aus den betroffenen Wohnmobilen. Andernfalls müssten die Fahrzeuge stillgelegt und die Halter durch die Hersteller entschädigt werden. Seit Sommer 2020 ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen Fiat und Iveco. Die Ermittlungsbehörde hat auch Stilllegungen ins Spiel gebracht, falls sich die Manipulation bestätigt.

Links D.C.I.-Berichte zum Thema
Unser Bericht über Plusminus
Unser Bericht über Fahrzeuge – Welche Modelle sollen betroffen sein?
Unser Bericht über das EuGH-Urteil – Abschaltvorrichtungen illegal
Kraftfahrtbundesamt – Rückrufdatenbank
D.C.I.-Interview RA Stoll & Sauer

Das KBA hat bislang der DUH nicht mitgeteilt, zu welchen Wohnmobil-Modellen welcher Hersteller dem KBA Untersuchungen über „Unzulässigkeiten“ vorliegen. Auch die Art der durch das KBA identifizierten Abschalteinrichtungen wurde bislang nicht genannt. Im Januar und im April hatte die DUH die Ergebnisse von Abgasmessungen ihres Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) an Wohnmobilen der Antriebs-Hersteller Fiat-Chrysler (Fiat Ducato 130 Multijet Euro 6) und VW (VW T5 2.0 TDI California Euro 5) an das KBA übermittelt, verbunden mit der Aufforderung, die Hersteller in die Pflicht zu nehmen, Sanktionen und geeignete Maßnahmen zu erlassen sowie die Typenzulassung der untersuchten Fahrzeugmodelle zu überprüfen.

EU-Rechtslage im Abgasskandal von Reise- und Wohnmobilen

Seit Frühjahr 2016 schwelt der Abgasskandal bei Fiat-Chrysler. Damals stellte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überhöhte Abgaswerte am Fiat 500X und dem verbauten Multijet-Motor fest. Das alarmierte KBA bestätigte durch eigene Tests die Ergebnisse der DUH am 500X und zusätzlich am Fiat Ducato. Die meisten Hersteller von Wohnmobilen setzen beim Basisfahrzeug auf den Ducato. Die Bosch GmbH gab zudem in Gesprächen mit der Behörde zu, für Fiat Abschalteinrichtungen gefertigt zu haben. Trotzdem erhielten die mit Multijet-Motoren ausgestatteten Reise- und Wohnmobile in Deutschland eine Typgenehmigung – auf Intervention des damaligen CSU-Generalsekretärs Andreas Scheuer. Dem KBA schienen die Hände gebunden, weil die Zulassung für die Fiat-Motoren in Italien ausgestellt worden war. Doch seit 2018 hat die Behörde ein rechtliches Instrumentarium zur Hand, um aktiv gegen die Motorenmanipulation vorzugehen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer fasst die Rechtslage in der EU zum Thema Typgenehmigung zusammen:

Die Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 beschäftigt sich intensiv mit der Genehmigung und der Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen inklusive derer Systeme, Bauteile und selbstständigen technischen Einheiten. Spannend wird es in Artikel 52. Hier geht es darum, was Einzelstaaten und die EU-Kommission unternehmen können, wenn solche national zugelassenen Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten eine ernste Gefahr darstellen oder nicht konform mit EU-Recht sind. Und die Motoren entsprechen nicht dem EU-Recht. Davon geht auch das KBA aus und hat daher bereits mehrmals bei der italienischen Zulassungsbehörde interveniert. In Italien verhallten die mahnenden Worte aus Deutschland ungehört.

Deshalb kann die deutsche Zulassungsbehörde aktiv werden und muss nicht auf Italien warten. In Absatz 3 heißt es wörtlich: „Ergreifen Wirtschaftsakteure innerhalb des betreffenden Zeitraums (…) keine angemessenen Abhilfemaßnahmen oder erfordert die Gefahr ein rasches Handeln, so treffen die nationalen Behörden alle geeigneten vorläufigen beschränkenden Maßnahmen, um die Bereitstellung auf dem Markt, die Zulassung oder die Inbetriebnahme der Fahrzeuge, Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten auf ihrem nationalen Markt zu untersagen oder einzuschränken oder um sie von diesem Markt zu nehmen oder zurückzurufen.“ Das bedeutet: Das KBA kann nicht nur einen Rückruf starten, sondern sogar die Zulassung untersagen, einschränken oder Fahrzeuge vom Markt nehmen.

Und auch der EU-Kommission, die ebenfalls vom Skandal informiert ist und deshalb ein Verfahren gegen Italien eingeleitet hat, sind die Hände nicht gebunden. In Absatz 4 heißt es dazu: „Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte über eine Klassifizierung des Ausmaßes der Nichtübereinstimmung erstellen und über die geeigneten Maßnahmen ausarbeiten, die von den nationalen Behörden zu ergreifen sind, um die einheitliche Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten. (…).“

In Artikel 54 Absatz 1 erhält das KBA sogar die Möglichkeit, die Typgenehmigung aus Italien abzulehnen. Wörtlich heißt es: „Stellt eine Genehmigungsbehörde fest, dass eine erteilte Typgenehmigung nicht den Vorschriften dieser Verordnung entspricht, so lehnt sie die Anerkennung einer solchen Genehmigung ab.“

Die Chancen der Verbraucher vor Gericht berechtigte Ansprüche durchzusetzen, steigen enorm, wenn das KBA von Manipulationen ausgeht. Die Kanzlei rät daher betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.

In der Gewährleistung raus aus dem Abgasskandal von Fiat-Chrysler

Um als geschädigter Verbraucher im Diesel-Abgasskandal von Fiat Chrysler/Stellantis und Iveco seine Ansprüche durchzusetzen, gibt es neben der Möglichkeit FCA zu verklagen auch die Chance, die Gewährleistung in Anspruch zu nehmen und so sein manipuliertes Fahrzeug zurückzugeben. Denn jeder Verkäufer ist verpflichtet, seinen Kunden die gekaufte Ware frei von Mängeln zu übergeben. Geschieht dies nicht, haben Verbraucher einen gesetzlichen Anspruch auf Gewährleistung gegenüber dem Verkäufer (§§ 437, 438 BGB). Hier die wichtigsten Fakten zur Gewährleistung:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2019 illegale Abschalteinrichtungen im Fall von VW als Sachmangel eingestuft. Dabei kann sogar die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs am Ende des Verfahrens stehen. Auch dazu gibt es im VW-Fall genügend Beispiele und Urteile. Diese Rechtsprechung greift natürlich auch bei anderen im Abgasskandal verwickelten Herstellern wie Fiat-Chrysler und Iveco.

Die Gewährleistungsdauer bei neu gekauften Waren – also auch Fahrzeugen – beträgt zwei Jahre. Bei der Gewährleistung ist es besonders unkompliziert, sein manipuliertes Fahrzeug loszuwerden. Der BGH hat 2019 illegale Abschalteinrichtungen als Sachmangel bezeichnet. Klagt der Verbraucher gegen Fiat-Chrysler, so muss er die vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB erst noch nachweisen. Bei der Gewährleistung genügt das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung, um ans Ziel zu kommen.

Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie ist wichtig

Die Gewährleistung und die Garantie sind unterschiedliche Begriffe mit verschiedenen Auswirkungen. Eine Garantie ist eine freiwillige Leistung – meist des Herstellers. Der Garantiegeber verpflichtet sich grundsätzlich zu einem bestimmten Handeln in einem bestimmten Fall. Die Erklärung einer Garantie ist freiwillig und dient dazu, das Vertrauen des Kunden zu stärken. Die Garantie beinhaltet also eine freiwillige Selbstverpflichtung des Herstellers oder des Händlers, die über den Kaufvertrag hinaus geht.

Die Gewährleistung hingegen ist gesetzlich geregelt und ist daher ein wesentlich stärkeres Instrument im Verbraucherschutz. Die Laufzeit der Frist von zwei Jahren beginnt mit dem Tag der Warenübergabe – also nicht mit der Bezahlung oder der Kfz-Zulassung. Bei der Gewährleistungsfrist müssen beim Autokauf verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Bei einer individuellen Prüfung muss der Beginn, die Dauer und das Ende der Gewährleistung genau bestimmt werden. Oftmals stellt sich heraus, dass die Gewährleistung länger dauert als angenommen wurde. Das muss individuell geprüft werden – am besten von einem Rechtsanwalt.

Infos: www.dr-stoll-kollegen.de/